Abenteuer Yukon Territorium
  • Im Granite Canyon

    Heute fahre ich wieder mit Jochen, der gewohnt routiniert die Steuerposition übernommen hat. Unsere Trimmung ist deutlich linkslastig, das müssen wir unbedingt noch vor dem als unberechenbar geltenden Granite Canyon verbessern.

    Der Pelly ist nur augenscheinlich träge und gewinnt durch den Zusammenfluss mit dem MacMillan River wieder an Fülle und Fahrt. Das Landschaftsbild verändert sich erneut. Die sedimentreiche Talsohle, die sich bis zum MacMillan zu einem Delta weitet, verliert an Attraktivität. Viele Inseln im Mündungsbereich erschweren die Navigation, aber dafür sind die Sweeper und Felsen verschwunden und gestatten eine gefahrlose und zügige Reise. Der Wind ist lebhaft, kommt meistens von hinten und schiebt uns in die gleiche Richtung wie die Wolken, die sich mit der Sonne im Wechsel den Himmel teilen.

    Nur noch an einzelnen, windgeschützten Stellen haben die Aspen ihre gelb leuchtenden Blätter behalten. Der Indian Summer scheint nach den Stürmen der vergangenen Tage endgültig vorbei zu sein und der kommende Winter schickt seine ersten Vorboten. Wie viel oder wenig Frost braucht es, um den Herbst endgültig in die Knie zu zwingen?

    An einer matschigen Anlegestelle in Sichtweite vor dem Canyon werden die Boote neu getrimmt, die Verschnürung kontrolliert, wasserdichte Kleidung übergezogen und die Kameras zurechtgelegt. Gerade habe ich den letzten Knopf meiner Jacke geschlossen, als das Wetter urplötzlich umschlägt. Dunkle Wolken ziehen über den Himmel, der Wind nimmt deutlich zu und noch bevor wir in die erste Schleife des Canyons einfahren, schüttet es wie aus tausend Eimern. Spektakuläre Fotos können wir uns damit abschminken. Nur gut, dass wir unsere wasserdichten »Pampers« rechtzeitig anhaben. Der Verlauf des Canyons ist in etwa so, wie Mike Rourke ihn beschrieben hat. Stehende und schwere Wellen, starke Turbulenzen, sichtbare und unter der Wasseroberfläche liegende Felsbrocken, insbesondere beim Einfahren und am Ende des Canyons, bilden eine permanente, nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle. Der hohe Wasserstand kommt uns trotz der als dramatisch beschriebenen Strömung wohl eher zu Gute, denn die meisten Felsen sind jetzt überspült. Nachteilig wirkt sich dagegen aus, dass sich nun stärkere Turbulenzen und unberechenbare Strudel hinter den Unterwasserhindernissen bilden.
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    Band 4 - Pelly River